Vor kurzem wurde mir im Rahmen eines Mentorings die Frage gestellt: „Wie sähe dein Business aus, wenn du doppelt so mutig wärst?“
Diese Frage hat mich erst richtig sprachlos gemacht. Impliziert sie doch, dass ich derzeit vielleicht nur halb so mutig bin wie gedacht… Als ich dann aber anfing darüber nachzudenken war ich erschrocken, wie sehr mich Angst doch ausbremst.
Doch wovor habe ich Angst? Als Selbständige im online-Business vor den Meinungen anderer, vor Misserfolg, vorm Scheitern, vor doofen Kommentaren, vor Angeboten die niemanden interessieren… (Huih, ganz schön viel was Angst macht!)
Umformuliert auf das Leben allgemein lautet die Frage: Wie sähe mein Leben aus, wenn ich doppelt so mutig wäre?
Die Antwort: Mit Sicherheit anders!
Man kann jetzt argumentieren, dass es müßig ist, darüber zu sinnieren, wie es anders hätte sein können und an welcher Stelle man (mit dem Wissen, der Erfahrung und der Reife von heute) etwas anders – mutiger- entschieden hätte. Und genau darin liegt der Knackpunkt: Wir treffen Entscheidungen eben genau auf der Grundlage der Erfahrungen und des Wissens, die wir zur Zeit der Entscheidung haben.
Aber wie jetzt umgehen mit Angst?
Im Coaching arbeite ich oft mit dem Konzept des „inneren Teams“, denn wir bestehen aus vielen Anteilen.
Der Ansatz stammt von Friedemann Schulz von Thun, ein deutscher Kommunikationspsychologe, Professor für Psychologie sowie Gründer des Schulz von Thun-Instituts für Kommunikation in Hamburg (siehe Wikipedia).
Neben dem berühmten Kommunikationsquadrat entwarf er das Konzept des inneren Teams, was besagt, dass wir eben nicht aus einer einzigen einheitlichen Persönlichkeit bestehen, sondern aus mehreren inneren Teilen oder auch inneren Stimmen. Diese Teile haben unterschiedlich starke Ausprägungen und kommunizieren untereinander. Vielleicht kennst du dieses Bild vom Engelchen und Teufelchen auf den Schultern, die miteinander streiten, ob die Person nun etwas tun oder lassen soll? So ähnlich, nur mit viel mehr Teilen funktionieren wir.
Solche Teile können zum Beispiel sein:
– Der Perfektionist
– Die Mutige
– Das innere Kind
– Der innere Kritiker

Schulz von Thun beschreibt in seinem Buch die Methapher, dass wir der Regisseur/die Regisseurin unseres Lebens sind und dafür sorgen können, wie die einzelnen Mitarbeitenden (Schauspielende) sich wie und an welchem Ort bewegen dürfen. Ziel ist, dass wir die Rolle des Chefs/der Chefin einnehmen und uns nicht von den inneren Anteilen beherrschen lassen. Andererseits haben sie auch ihre Berechtigung und können uns hilfreich unterstützen. Hätten wir nicht die Vorsicht oder Angst in uns, würden wir vielleicht zu halsbrecherisch agieren.
Ich habe heute ein anderes Bild für dich, passend zum Thema Umgang mit Angst:
Stell dir dein Leben als ein Auto vor. Du sitzt am Steuer. Auf dem Beifahrersitz – gut angeschnallt – sitzt die Angst. Hinten auf der Rückbank haben sich auch noch Zweifel, Unsicherheit und vielleicht die innere Kritikerin breitgemacht. Vielleicht sitzen aber auch noch Mut und Vertrauen im Kofferraum…

Die Angst redet die ganze Zeit auf dich ein: Pass auf! Das ist gefährlich! Das klappt wahrscheinlich nicht.
Und trotzdem: Du hältst das Lenkrad in der Hand. Du bestimmst die Richtung.
Denn du hast die Macht, die Angst zum Schweigen zu bringen. Du kannst sie auf die Rückbank verbannen und statt dessen Mut vorne einsteigen lassen, oder Vertrauen.
Sich seiner inneren Anteile bewusst zu werden ist ein erster Schritt. Im Coaching gibt es verschiedene Methoden, damit in Kontakt zu gehen und sich die einzelnen Anteile anzusehen bzw. anzuhören. Und dann gibt es auch die Möglichkeit, sich das Team nach eigenen Wünschen zusammen zu stellen. Einzelne Anteile können „Rausgeschmissen“ werden und andere eingeladen werden. Dieses Team dann zu visualisieren hat eine enorme Kraft.
Abbiegen von der Autobahn
Wenn du über 40 bist, hast du vermutlich schon viele Routen mit deinem Lebensauto genommen – manche geplant, manche spontan.
Du hast Erfolge gefeiert, Umwege gemeistert, vielleicht auch Rückschläge verdaut.
Und jetzt spürst du: Es ruft wieder etwas in dir. Der Wunsch nach Veränderung. Aber auch das Ziehen in der Magengegend, diese nagende Frage: Was, wenn ich falsch abbiege?
Ich habe hier drei Impulse für dich, um mit mehr Klarheit und innerer Stärke loszufahren:
1. Nutze die Angst als Navi, nicht als Bremse
Angst hat eine Funktion: Sie will dich schützen. Aber sie kennt nur alte Karten. Und Veränderungen lassen sich nicht mit alten Maßstäben bewerten. dafür brauchst du Mut und neue Karten. Erkenne die Angst an, denn sie hat eine Aufgabe. Dann sprich innerlich mit ihr wie mit einem alten Beifahrer: “Danke, dass du mich warnst. Aber ich fahre.”
2. Versuche, die leise Stimme wieder zu hören
Unter dem Lärm der Selbstzweifel gibt es auch eine leise, mutige Stimme. Vielleicht hast du sie überhört? Vielleicht ist sie verschüttet unter Verantwortung, Alltag und Erwartungen.
Frage dich: Wenn ich sicher wäre, dass es gut ausgeht – was würde ich tun?
Diese Frage bringt dich in Kontakt mit deiner inneren Klarheit, nicht mit der Angst.
3. Gehe lieber Mikro-Schritte statt große Lebenswenden zu planen
Veränderung muss nicht dramatisch sein. Sie beginnt im Kleinen: mit einem neuen Gedanken, einer neuen Entscheidung oder einer anderen Haltung dir selbst gegenüber. Vielleicht bedeutet Veränderung gerade, dir endlich wieder regelmäßig Raum für deine Bedürfnisse zu nehmen – statt sofort dein ganzes Leben umzubauen.
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Hier noch eine kleine Reflektionsübung für dich:
Nimm dir 5 bis 10 Minuten Zeit, am besten mit Stift und Papier – und beantworte diese Fragen ehrlich für dich:
• Was in meinem Leben sehnt sich nach Veränderung – schon länger?
• Welche kleine Entscheidung könnte ich diese Woche treffen, um einen ersten Schritt zu gehen?
• Wenn ich meine Angst heute nicht das Ruder überlasse – was würde ich ausprobieren?
Schreibe das ehrlich auf, ohne Wenns- und -Abers im Kopf – think big! (Die Einschränkungen kommen von ganz allein…) Vielleicht gestaltest du dir dein inneres Team? Oder visualisierst dir die Veränderungen, die du anstrebst? Das geht einfach bei Pinterest oder klassisch-analog mit Schere und Kleber aus Zeitschriften und Fotos.
Und natürlich geht das auch ganz wunderbar mit der Hilfe einer guten Coach, wie mich 😉